Home > Höhepunkte > UNFSS – Hier entwickeln multinationale Konzerne unsere Lebensmittel und kontrollieren unsere Ernährung

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Zur Vorbereitung des UN-Gipfels zu Ernährungssystemen (UNFSS),  im September in New York fand  Ende Juli 2021 in Rom ein Vorgipfeltreffen statt. Wie schon befürchtet, lief es in die falsche Richtung. Viele Mitglieder der Zivilgesellschaft sowie frühere und derzeitige Berichterstatter für das Recht auf Nahrung haben angeprangert, dass dieser Gipfel nur ein weiteres Instrument wäre, um die Kontrolle der Konzerne über Lebensmittel und Landwirtschaft noch zu verstärken und gleichzeitig zu versuchen, die Rolle der Zivilgesellschaft in der globalen Ernährungspolitik zu beschneiden.  

Der UN-Gipfel zu Ernährungssystemen wurde 2019 von UN-Generalsekretär Antonio Guterres als Teil der Maßnahmen des Jahrzehnts zur Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele 2030 angekündigt. Die Ankündigung folgte auf die Bildung einer strategischen Partnerschaft zwischen den Vereinten Nationen und dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Dabei handelt es sich beim  Weltwirtschaftsforum um ein privates Gremium, das sich aus über tausend der größten und einflussreichsten multinationalen Unternehmen zusammensetzt. Die anschließende Ernennung von Dr. Agnes Kalibata zur UN-Sondergesandten für den Gipfel bestätigt nur die pessimistischsten Erwartungen.

Dr. Agnes Kalibata ist die Präsidentin von AGRA, dem Programm von Bill Gates zur Förderung der gescheiterten Grünen Revolution in Afrika, d. h. zur Förderung von gentechnisch verändertem Saatgut, Monokulturen, Agrochemikalien, Biotechnologien und der freien Marktwirtschaft.

Dieses Programm wird jetzt, nachdem es zuvor bereits in der ganzen Welt zahllose Schäden angerichtet und soziale und ökologische Krisen verursacht hat, im Rahmen der „neuen“ Lösungsinitiative nach Afrika exportiert.

Ein weiteres Beispiel für diese gravierenden Interessenkonflikte ist die Teilnahme von Sean de Cleene, dem aktuellen Leiter der „Future of Food Initiative“ des WEF. Davor war er Vizepräsident von AGRA sowie Vizepräsident für globale Initiativen, Strategie und Geschäftsentwicklung bei Yara, einem der weltweit größten Unternehmen für chemische Düngemittel.

Deutlicher könnte die Botschaft nicht sein. Der Vorbereitungsgipfel in Rom und der Gipfel in New York finden unter der strengen direkten Kontrolle der multinationalen Konzerne statt. Sie, die Herrscher über die Lebensmittel, haben die Kontrolle darüber und wollen sie auch behalten. Und wenn sie schließlich von einem „Wandel“ sprechen, werden sie diesen auf ihre Weise gestalten und uns davon überzeugen, dass ihre Lösungen ökologisch genug sind, um das derzeitige Interessensystem zu erhalten.

Denn da gibt es viele „Lösungen“, sei es die nächste Generation von GVO, sein es noch mehr Pestizide, künstliches Fleisch, Geoengineering, Präzisionslandwirtschaft und Datenerfassung.

Diese „Game-Changer“ Lösungen sollen das Versagen des industriellen Lebensmittelsystems beheben. Gleichzeitig sind sie  sehr profitabel für dieselben multinationalen Unternehmen, die dieses Versagen überhaupt erst verursacht haben. Kurz gesagt, das System darf nicht geändert werden, und seine Logik bleibt dieselbe.  Private Interessen dürfen nicht untergraben werden, sondern im Gegenteil –sie müssen sogar mit öffentlichen Mitteln unterstützt werden. 

Dieselbe Rhetorik, dieselben Interessen und dieselben Misserfolge

Das  erklärte Ziel der Vereinten Nationen besteht darin, bis zum Jahr 2030 den Hunger in der Welt zu beenden. Ein lobenswertes Ziel, aber auch eine tragische Ironie, angesichts dessen, dass dieser Slogan auch von der Grünen Revolution verwendet wurde. Diese grüne Revolution verfehlte nicht nur ihr Ziel, sondern verursachte auch jede Menge negativer externer Effekte. Im Juli 2021 bestätigte der Bericht der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen für Ernährungssicherheit (SOFI) den bereits in den Vorjahren verzeichneten negativen Trend, der durch die Covid 19 Pandemie noch verschärft wurde: 9,9 % der Weltbevölkerung (720-811 Millionen Menschen) litten im Jahr 2020 an Hunger, 1,5 % mehr als im Jahr 2019. Im gleichen Jahr hatte jeder dritte Mensch keinen Zugang zu ausreichender Nahrung: Das sind 2,37 Milliarden Menschen, 320 Millionen mehr als im Vorjahr. Die Bekämpfung des Hungers in der Welt, die letzte der hochtrabenden Ausreden der multinationalen Konzerne und der mit ihnen verschworenen Regierungen, ist nun bereits seit geraumer Zeit jämmerlich gescheitert.

Überhaupt nicht angesprochen wird dabei, dass das industrielle Lebensmittelsystem nicht nur keines seiner Ziele erreichen kann, sondern obendrein auch noch verheerende Auswirkungen auf die Ökosysteme, die Gesundheit, die lokale Wirtschaft und die Gemeinden hat. Stattdessen werden durch die Produktion riesiger Mengen „billiger“, extrem verarbeiteter Lebensmittel zahlreiche versteckte Kosten ausgelagert, insbesondere damit zusammenhängende gesundheitsrelevante Kosten. Während diese Kosten weiterhin vom Steuerzahler getragen werden, weigern sich die multinationalen Konzerne, die Verantwortung für die Schäden zu übernehmen, die sie durch Mangelernährung, Pestizide und chronische Krankheiten verursachen.

Die neoliberale Ideologie der Agrarindustrie hat durch die Auferlegung von Freihandelsverträgen zur Deregulierung strategischer Sektoren und zum Abbau des Arbeitnehmer- und Umweltschutzes auch entscheidend zur Zunahme klimaschädlicher Emissionen, zur Verseuchung von Böden und Grundwasser sowie zum Anstieg der Müllberge beigetragen. Gleichzeitig hat sie die  Waldvernichtung und den Landraub auf Kosten der Landwirte weiter angeheizt. Auf diese Weise werden wirtschaftliche, soziale und kulturelle Krisen genährt. Doch gerade deshalb, weil die bisher erzielten Ergebnisse ausgesprochen peinlich sind, muss das System heute mehr denn je geschützt werden.

Aber wenn dieses Lebensmittelsystem seine Hegemonie auf den Märkten weiter vorantreibt, was passiert dann mit all den bedrängten alternativen Systemen, die auf Agrarökologie, Biodiversität und dem Einklang mit der Erde basieren? 70 % der Nahrungsmittel werden immer noch von kleinen und mittleren Landwirten erzeugt, die nicht mehr als 25 % der Ressourcen nutzen. Das von der UNFSS vorgeschlagene herrschende System marginalisiert sie: Einen Wandel ermöglichen sie definitiv nur, wenn er auf ihre Weise geschieht.

Handlungsbereich 1: Unsichere Lebensmittel bringen sichere Gewinne

Zu den Schlüsselvorschlägen der UNFSS gehört die Fokussierung auf „nachhaltige“ Ernährung als Lösung für Klimawandel und Unterernährung. Hinter dem Gerede über eine Notwendigkeit eines  globalen Ernährungswandels stehen die Konzernaktionäre. Sie haben den UNFSS gekapert und damit ein trojanisches Pferd für industrielle, extrem verarbeitete Fake-Nahrungsmittel geschaffen. Mit ihnen kann man zwar hohe Gewinne erzielen, aber sie sind die falsche Antwort auf für die Forderungen der Menschen nach einer nachhaltigeren Zukunft. Die Bedeutung lokaler, ökologischer Lebensmittelsysteme für eine echte Umgestaltung der Lebensmittelsysteme wird dabei völlig ignoriert.  

Besonders deutlich wird diese Tendenz im ersten und zweiten Handlungsbereich des Gipfels.  Handlungsbereich 1, „Sicherstellung des Zugangs zu sicheren und nahrhaften Lebensmitteln für alle“, fördert in großem Maßstab die Anreicherung von Lebensmitteln als Lösung für die Unterernährung. Bei der Anreicherung von Lebensmitteln werden einige Nährstoffe in bestimmten Pflanzen erhöht, entweder durch konventionelle Pflanzenzucht oder durch Biotechnologie und genetische Manipulation. Dabei wird die Rolle eines einzelnen Nährstoffs aus dem riesigen Netz der biologischen Vielfalt isoliert, synthetisiert und eine neue Saatgutsorte geschaffen, die dann vermarktet und verkauft wird. Während diese Technologie im Handlungsbereich als unerlässlich beschrieben wird, „um den Mangel an essentiellen Vitaminen und Mineralien in der täglichen Ernährung gefährdeter Bevölkerungsgruppen zu beheben“, führt sie zu einem konzernbasierten Ansatz, der die Fähigkeit der Gemeinschaften untergräbt, ihre lokalen Lebensmittelsysteme auf der Grundlage ihres kulturellen und traditionellen Wissens und ihrer Präferenzen zu stärken.

Ein Beispiel dafür ist der Goldene Reis, der so verändert wurde, dass er jetzt Beta-Carotin enthält, um angeblich einem Vitamin-A-Mangel vorzubeugen, obwohl die FDA feststellte, dass die vorhandenen Mengen keinen nachweisbaren Nutzen für die Ernährung haben. Die Bill and Melinda Gates Foundation (BMGF) hat bisher 28 Millionen US-Dollar zur Finanzierung von Golden Rice zur Verfügung gestellt. Der Reis wurde in direkter Partnerschaft auch mit der ebenfalls von der BMGF gegründeten und finanzierten Organisation, der Global Alliance for Improved Nutrition (GAIN) finanziert. Biofortifikation und technologische Lösungen verstärken also die Abhängigkeit von einigen wenigen Grundnahrungsmitteln oder einzelnen Zusatzstoffen und ignorieren damit die zentrale Rolle der biologischen Vielfalt in der Ernährung. Die im Handlungsbereich erwähnte Jod-Anreicherung im Salz zur Bekämpfung von Jodmangel als Beispiel für die Wunder der Anreicherung verschleiert die Profitorientierung bei der Entwicklung neuer Arten von GVO-Pflanzen und fragt nicht danach, warum Lebensmittel überhaupt angereichert werden müssen. Nährstoffe wirken selten isoliert, wie das Beispiel der traditionellen Mittelmeerernährung zeigt, die als bewährter Schutz gegen verschiedene Krankheiten und Mangelernährung gepriesen wird. Es wurde aber auch festgestellt, dass kein einzelner Bestandteil oder Nährstoff dieser Ernährung für sich genommen eine nachweisbare Schutzwirkung hat. Somit ignoriert die Biofortifikation direkt die Bedeutung der biologischen Vielfalt in der Ernährung als die praktischste Lösung für die Mangelernährung. Letzten Endes löst die bloße Ergänzung eines Nährstoffs nicht das Problem der allgemeinen Mangelernährung. Und es löst erst recht nicht die Frage, warum der Nährstoffgehalt von Pflanzen und Lebensmitteln überhaupt gesunken ist. Hier geht es nur um eine oberflächliche Lösung für das eigentliche Problem der weltweiten Mangelernährung.

Handlungsbereich 1, der die Bedeutung der Lebensmittelsicherheit hervorhebt, ignoriert außerdem das große Gesundheitsrisiko und die Nicht-Nachhaltigkeit, die von toxischen Rückständen in Lebensmitteln ausgehen und wie sie Krankheiten verursachen. Das von führenden Gesundheitsexperten und Ökologen verfasste Navdanya International Manifesto on Food for Health (Internationales Navdanya-Manifest über Lebensmittel für die Gesundheit) hat Giftstoffe als eine der Hauptursachen für Erkrankungen identifiziert. Die industrielle Landwirtschaft und die industrielle Verarbeitung von Lebensmitteln haben unsere Gesundheit und unsere Ernährung beeinträchtigt. Sie haben dem Lebensmittelsystem Nährstoffe entzogen, die der menschlichen Gesundheit dienen und sie haben über die gesamte Lebensmittelkette – von der Erzeugung über die Verarbeitung bis hin zum Vertrieb – Chemikalien und Schadstoffe hinzugefügt.

Ein kürzlich veröffentlichter Bericht der argentinischen Organisation Naturaleza de Derechos belegt, dass in vielen Obst- und Gemüsesorten, welche für den internationalen Markt und für den internen Verbrauch bestimmt sind, große Mengen von Pestizidrückständen gefunden wurden, die in der EU wegen ihrer gesundheitlichen Schädlichkeit verboten sind. Agrotoxine sind bekanntlich krebserregend.  Sie stören die menschlichen Hormone, hemmen die Cholinesterase und ihre synergetischen Wirkungen sind noch unbekannt.

Die chronische Exposition gegenüber Pestiziden und die sich daraus ergebenden Risiken für die menschliche Gesundheit können selbst bei minimalen Dosen persistente und bioakkumulative Auswirkungen haben. Pestizide wirken sich nicht nur negativ auf die Lebewesen aus, für die sie geschaffen wurden, sondern auf das gesamte Ökosystem und die menschliche Gesundheit. Unter Berücksichtigung all dieser Faktoren ist das von der UNFSS behandelte Problem der Lebensmittelsicherheit bestenfalls nur eng gefasst. Es lässt die Rolle der Industriechemikalien und der industriellen Verarbeitung als direkte Bedrohung der menschlichen Gesundheit und der ökologischen Nachhaltigkeit völlig außer Acht.

Der Handlungsbereich 1 wird von GAIN geleitet. Als erstes Unternehmen führte es das Modell der öffentlich-privaten Partnerschaft  durch, als es 2001 von Bill Gates gegründet wurde. Seitdem setzt sich GAIN mit Nachdruck für Unternehmenslösungen zur Bekämpfung von Unterernährung und Ernährungsunsicherheit ein und konzentriert sich dabei ausschließlich auf Programme wie Biofortifikation. GAIN hat vielfach die gleichen Geldgeber wie AGRA, z. B. die Rockefeller Foundation, BASF oder Unilever, und erhielt zwischen 2002 und 2014 nicht weniger als 251 Mio. USD von der Bill and Melinda Gates Foundation.

Handlungsbereich 2: Hochverarbeitete synthetische Lebensmittel, die mit patentierten Technologien hergestellt werden, um eine Steigerung der Proteinanteile zu erreichen, führen nur zu einer Steigerung der Profitrate 

Handlungsbereich 2, „Umstellung auf nachhaltigen Konsum“, zielt auf die Förderung stark verarbeiteter künstlicher Tierprodukte auf Pflanzenbasis. Unter dem Deckmantel der „Proteinsteigerung“ lassen sich mit dieser angeblichen Lösung ganz einfach, biodiverse und lokale Ernährungsweisen durch synthetische Nahrungsmittel ersetzen. Solche Nahrungsmittel werden mit patentierten Technologien hergestellt, von denen Agrarkonzerne und Milliardäre profitieren. Mit pflanzlichen und algenbasierten Proteinen versucht man, den Geschmack und die Textur der tierischen Produkte zu imitieren. Das vereinfacht gemäß dem Handlungsbereich „sie in den Alltag zu integrieren, ohne dass man etwas Neues lernen oder sein Kochverhalten ändern muss, da sie problemlos in traditionellen Küchen verwendet werden können“. Eindeutig geht es hier darum, diese konzerneigenen Zutaten und Nahrungsmittel auf die Teller aller Menschen zu bringen.  Den jeweils regional ansässigen und den indigenen Gemeinschaften, soll ihre eigene traditionelle und nachhaltige Ernährung geraubt werden. Wie Navdanya International aufgedeckt hat, basieren extrem verarbeitete gefälschte Lebensmittel auf Patenten, auf unsicheren und ungeprüften Methoden der synthetischen Biologie und dienen Biotech-Konzernen im Bündnis mit Agrargiganten zur Eroberung eines größeren Marktes.

Ganz zu schweigen davon, dass synthetische Lebensmittel nach wie vor auf einem industriellen Agrarmodell beruhen. Dabei werden Pflanzen in großem, industriellem Maßstab in Monokulturen angebaut, mit Pestiziden behandelt und häufig gentechnisch manipuliert. Diese Art der Lebensmittelproduktion trägt direkt dazu bei, dass die Tierwelt zerstört, Wasser und Böden verschmutzt und der Planet erwärmt wird. Da es sich um stark verarbeitete Produkte handelt, die giftige Chemikalien enthalten, haben die pflanzlichen Ersatzprodukte wahrscheinlich auch einige negative Langzeitfolgen für die Gesundheit. Sie liefern einfach nicht den Nährstoffbedarf, der von echten, vollwertigen tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln gedeckt wird. Genau wie bei der Anreicherung von Lebensmitteln, bringt die einfache Zugabe von isolierten Proteinen, Vitaminen und Mineralien nicht die gleichen gesundheitlichen Vorteile mit sich, wie wenn diese Nährstoffe als ganze Lebensmittel aufgenommen werden. Darin sind bereits Tausende von synergetisch wirkenden Verbindungen enthalten.

EAT hat durch FrESH eine Partnerschaft mit der Junk-Food-Industrie und den großen Agrarunternehmen wie Bayer, BASF, Cargil, Pepsico und anderen.

Die EAT leitet den Handlungsbereich 2 des Gipfels. Sie trachtet auch danach, die globalen Ernährungsstrukturen nach privaten Interessen zu gestalten. Die Führung und der Vorstand von EAT sind mit dem Weltwirtschaftsforum verbunden. Zu ihren Partnern gehören Nestlé und Danone, beides führende Konzerne in der Globalisierung von extrem verarbeiteten Lebensmitteln. Die Empfehlungen, die sie im Handlungsbereich 2 vorschlagen, stammen direkt aus dem EAT-Lancet-Bericht „Food in the Anthropocene: the EAT-Lancet Commission on healthy diet from sustainable food systems“ . (Lebensmittel im Anthropozän: die EAT-Lancet-Kommission für gesunde Ernährung durch nachhaltige Lebensmittelsysteme) Im Bericht wird zwar versucht darzulegen, wie ein nachhaltiger Wandel der Lebensmittelstrukturen durch die Förderung „gesunder Ernährung“ erreicht werden könnte, er lässt aber die direkte Rolle der industriellen und chemischen Landwirtschaft bei der Schaffung nicht nachhaltiger und ungesunder Lebensmittelsysteme außer Acht. Und es wird nicht zugegeben, dass eine Umstellung auf gesunde Ernährung von einer Abkehr vom Paradigma der chemischen Landwirtschaft abhängt. Hierin liegt  die Ursache für die Zerstörung der Böden, des Wassers, der biologischen Vielfalt und des Klimas auf unserem Planeten sowie für die Verbreitung chronischer Krankheiten. Stattdessen propagiert der Bericht die grundsätzlich nicht nachhaltige Idee der „nachhaltigen Intensivierung“ der derzeitigen Lebensmittelstrukturen und eine globale Verlagerung auf problematische „pflanzliche“ Alternativen. Dadurch werden die Rolle und die Verbindung von Grundnahrungsmitteln und globalisierten Lebensmittelmärkten verschleiert und es scheint, als ob absichtlich versucht wird, die Aufmerksamkeit von der Agrarökologie abzulenken.

Nahrhafte, biodiverse und vielfältige Ernährung: Mit  Lebensmitteldemokratie gegen den Putsch der Konzerne 

Während die Konzerne und ihre Partner diese falschen Lösungsansätze stillschweigend vorantreiben, um weiterhin eine Vielzahl von gescheiterten Modellen zu fördern, gibt ihnen die von der UNFSS zur Verfügung gestellte riesige Plattform nun die direkte Macht  zur Gestaltung der globalen Lebensmittelsysteme. Durch die gezielte Umstellung auf den vom Weltwirtschaftsforum erfundenen „Multi-Stakeholder“-Ansatz und durch die Vermittlung einer scheinbaren Inklusivität haben die Unternehmen nun die Machtskala zu ihren Gunsten verschoben. Wie der Mechanismus der Zivilgesellschaft (Civil Society Mechanism, CSM) zeigt, verleiht ein solcher Ansatz einigen Auserwählten viel mehr Macht über die globale Lebensmittelpolitik, während der Rest zum Publikum degradiert wird. Damit werden alle Möglichkeiten der Rechenschaftspflicht und horizontaler Verhandlungen ausgelöscht. Letztendlich sollen damit Machtstrukturen und gescheiterte Modelle so erhalten werden, wie sie sind.

Die UNFSS bietet nicht den Paradigmenwechsel und den dringend notwendigen ganzheitlichen Ansatz, um Ernährungssouveränität, Klimaresilienz und ein gerechteres Ernährungssystem zu erreichen. Im Gegenteil, sie hält die gleichen Machtstrukturen aufrecht und führt zu einer weiteren Kolonialisierung indigener Lebensmittel und Ernährungsweisen.

Es ist höchste Zeit, die Konzerne und alle unterstützenden Organisationen für ihr Handeln verantwortlich zu machen und sich für eine wirklich ökologische und nachhaltige biodiverse Ernährung einzusetzen, die lokale und indigene Gemeinschaften stärkt und nahrhafte und gesunde Lebensmittel produziert. Wir brauchen einen  echten Wechsel zu einem agrarökologischen Paradigma, das die biologische und kulturelle Vielfalt, die lokale Lebensmittelwirtschaft und die Regeneration des Planeten als Kernpunkte für jede Art der Transformation der Lebensmittelsysteme berücksichtigt.

Graswurzelorganisationen auf der ganzen Welt bemühen sich um einen echten agrarökologischen Wandel, der die Nahrungssouveränität ins Zentrum stellt und die wichtige Rolle von Kleinbauern, Frauen und indigenen Völkern sowie regionale Lebensmittel für die Ernährungsstrukturen anerkennt. Als Reaktion auf die Konzernübernahme globaler Lebensmittelstrukturen haben die Graswurzelorganisationen einen Gegengipfel organisiert, um zu zeigen, wie Lebensmittelsysteme tatsächlich aussehen sollten.

Eine echte Transformation der Lebensmittelsysteme bedeutet, sich wieder auf ein agrarökologisches und biodiversitätsbasiertes Paradigma auszurichten, das auf den vielfältigen, unterschiedlichen und ökologischen Pfaden aufbaut, durch die sich die Lebensmittel- und Landwirtschaftssysteme in verschiedenen Kulturen über Jahrtausende hinweg entwickelt haben und sich auch in Zukunft weiterentwickeln können. Dabei wird berücksichtigt, wie sich traditionelle Ernährungs- und Wissenssysteme im Laufe der Jahrtausende entwickelt haben, und es werden bestimmte Agrarökosysteme und die damit gewachsenen Kulturen eingehend betrachtet. Ganz unmittelbar entwickelte sich daraus eine widerstandsfähige und nährstoffreiche biologische Vielfalt. Dabei wurde gezielt so gewirtschaftet, dass Ernährungsbedürfnisse sowie die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln zu allen Jahreszeiten gewährleistet waren, und zwar im Einklang mit der Erhaltung und Erneuerung des Ökosystems.

Es sind genau diese Systeme, mit denen die Widerstandsfähigkeit und Langlebigkeit eines gesunden Planeten für neue Generationen sichergestellt werden.

Der von der UNFSS eingeschlagene Weg der industriellen Lebensmittelsysteme führt uns weiter in Richtung Zusammenbruch des Planeten, unserer Gesundheit, unserer Wirtschaft und unserer Demokratie. Der ökologische und demokratische Weg, der von Kleinbauern, Gärtnern und lokal organisierten Lebensmittelgemeinschaften aufgezeigt wird, führt hingegen zur Regeneration unseres Planeten, unserer Böden, unserer biologischen Vielfalt, unserer ländlichen Wirtschaft, unserer Gesundheit und unserer Demokratie.

© Navdanya International 2021


Referenzen:

CSO Letter to UNSG on UN food systems summit, CSM4CFS, March 2020

The UN Food Systems Summit: How Not to Respond to the Urgency of Reform, Michael Fakhri, Hilal Elver and Olivier De Schutter, IPS News, March 2021

The State of Food Security and Nutrition in the World, FAO, 2021

Seeds of Sustenance & Freedom vs Seeds of Suicide & Surveillance, Navdanya, 2019

Earth Day Communiqué, Navdanya, Health of Mother Earth Foundation, Naturaleza De Derechos, 2020

Food for Health Manifesto, Navdanya International, 2019

The Corporate War Against The Planet, People and Democracy, Navdanya, 2016

Gates to a Global Empire, Navdanya International, 2020

Hungry for land: small farmers feed the world with less than a quarter of all farmland, GRAIN, 2014

Biofortified crops or biodiversity? The fight for genuine solutions to malnutrition is on, GRAIN, 2019

Shroff, R., Cortés, C.R. The Biodiversity Paradigm: Building Resilience for Human and Environmental Health. Development (2020). https://doi.org/10.1057/s41301-020-00260-2

Pesticide Residues in Foods in Argentina: Implications for the EU Mercosur Deal, Navdanya International and Naturaleza De Derechos, 2021

Bill Gates & His Fake Solutions to Climate Change, Navdanya International, 2021

A new report sustains unsustainable food systems, Dr Vandana Shiva, 2019

Hundreds of grassroots organizations to oppose the UN Food Systems Summit, CSM4CFS, July 2021

Opening Declaration of the Counter-Mobilization to Transform Corporate Food Systems, CSM4CFS, July 2021

The Future of our Daily Bread: Regeneration or Collapse, Navdanya, 2018

The Future of Food – Farming with Nature, Cultivating the Future, Navdanya International, 2019


Übersetzung: Regina Schwarz